Editorial der Ausgabe Nr. 71
Liebe Leser,
in der Zeit von 1349 bis1690 wurde München ungefähr 25-mal von der Pest heimgesucht. In Mitteleuropa kam die Pest meist aus dem Süden, über die Hafenstädte Italiens. Von dort zog sie auf dem Seeweg rasch
weiter an die Küsten Frankreichs und Spaniens, dagegen wesentlich langsamer den Handelswegen folgend über die Alpen nach Mitteleuropa. Von der großen Pestwelle zwischen 1518 und 1525 blieb Altbaiern weitgehend verschont. 1563 entstand nach einer großen Pest der Alte Südfriedhof, der als Pestfriedhof außerhalb der Stadtmauern vor dem Sendlinger Tor angelegt worden war. Im Winter 1635, während des 30-jährigen Krieges, starben von damals 20.000 Einwohnern Münchens drei Viertel an der Pest.
Schäffler, auch unter der Bezeichnung Fassbinder bekannt, waren 1517 nach einer furchtbaren Pestepidemie wieder auf die Straßen von München gegangen, um mit Tänzen die verängstigten Bürger wieder aufzumuntern. Dieser Berufsstand wird gemeinhin als ein Vorgänger der Feuerwehr betrachtet, weil dieser Gefäße hatte und herstellte, die mit Wasser gefüllt weitergereicht werden konnten, und er sorgte durch Ausräuchern und Auspichen für ein Entkeimen von Wassergefäßen, was zu einer gewissen
Hygiene des Lebensmittels Wasser beitrug. Florian Podhorny, selbst ein aktiver Schäfflertänzer in
Kolbermoor, führt uns hinein in das Brauchtum des Schäfflertanzes sowie in das Handwerk der Küfner, Böttcher, Schäffler oder Fassbinder. Von Heiner Oberhorner kommt ergänzend ein Bericht über Schnapsfässer für „bayerischen“ Whisky hinzu.
Mit Professor Walter Deutsch ist am 13. Januar 2025 einer der profiliertesten Volksmusikforscher Österreichs gestorben. Geboren am 29. April 1923 in Bozen, erlernte er das Friseurhandwerk und wurde durch seine Eltern in die Musik eingeführt. Nach der Umsiedlung der Familie ins „Großdeutsche Reich“ (Kufstein) wurde er zur Wehrmacht eingezogen und kam als Soldat nach Nordafrika. Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft studierte er zuerst am Konservatorium in Innsbruck, danach an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien und begann seine berufliche Laufbahn als Ballett Korrepetitor an der Wiener Volksoper. 1965 gründete er
das Institut für Volksmusikforschung und war von 1992 bis 1999 Präsident des Österreichischen Volksliedwerkes, danach Ehrenpräsident.
Vor vierzig Jahren, am 10. Januar 1985 starb im Alter von 78 Jahren Anton Karas, ein Heurigen Unterhaltungsmusiker aus Wien, der durch Zufall vom Regisseur des späteren Welterfolges „Der dritte Mann“, Carol Reed, in einem Wirtshaus im Wiener Weinbaugebiet Grinzing gehört und vom Fleck weg engagiert wurde, die Musik zu diesem Kinofilm zu komponieren. Karas ist ein Phänomen. Nie wieder habe ich so eine prägnante und kernige Begleitung mit der rechten Hand bei einem Zitherspieler gehört – sein Stil ist unverwechselbar. Man kann diesen getrost als echte Wiener Volksmusik bezeichnen. Seine Bescheidenheit, die er sich trotz seines Erfolges bewahrt hatte, kann man aus einem Interview heraus
hören, in dem er sagte: „Ich war nie ein Star und habe mich nie wie einer gefühlt. Wegen diesem Film wurde ich von einem Ort zum anderen geschubst … Mein einziger Wunsch war es, wieder zu Hause zu sein.“ So spricht nur ein zutiefst bodenständiger, geerdeter Mensch. Und viele Zitherspieler sind Anton Karas noch heute zu Dank verpflichtet, lässt das Beherrschen des Harry-Lime-Themas noch heute gern ein Viertel Wein, eine Halbe Bier oder sogar ein Scheinchen „rüberwachsen“.
Viel Vergnügen beim „Studieren“ unseres „Musterkofferls“ und ein glückliches Händchen bei der Bundestagswahl wünscht Euer
Roman Messerer